Diesen offenen Brief schickte Hans Söllner nach Abschluß seiner Mahnwache mit den Kopien von 3585 Unterschriften an den Oberbürgermeister von Bad Reichenhall, Dr. Herbert Lackner mit der Bitte um Kenntnisnahme. Eine Antwort ist nicht erforderlich, da wir alle auf Taten warten.

Meine Herren,

anbei übersende ich Ihnen nun 3.585 Unterschriften in Kopie von meiner Mahnwache für mehr Demokratie in unserer Stadt.
Da ich leider wenig Vertrauen zu Ihnen habe und ich weiß, dass von Zeit zu Zeit Akten bei Ihnen verschwinden, lasse ich die Originale in meinem Büro und bitte Sie vorerst einmal, mit den Kopien vorlieb zu nehmen. Eigentlich wollte ich Ihnen diese Unterschriften ohne großen Kommentar zukommen lassen, aber nach fast vier Wochen Mahnwache auf dem alten Gelände der Eislaufhalle muss ich Ihnen nun doch ein paar Zeilen zu Ihrer Politik in unserer Stadt schreiben.
Zuerst einmal ist mir aufgefallen, dass Sie wie alle anderen Parteien eine Freund/Feindpolitik betreiben, das heißt, wer nicht auf Ihrer Seite ist, ist automatisch Ihr Feind.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie den Mut gehabt hätten, sich an irgendeinem Tag 15 Stunden zu mir dazu zu setzen, um sich mit anzuhören, was die Leute von Ihrer Art und Weise, diese Stadt zu regieren, halten. Vielleicht hätten Sie dann erkannt, dass Sie Ihre Politik sofort ändern müssen, denn die Bewohner einer Stadt können immer nur so gut sein, wie die, die diese Bewohner bei ihren Wünschen und Aktivitäten unterstützen. Vielleicht hätten Sie auch erkannt, dass ein Dorf oder eine Stadt eine gewisse Art von Familie darstellt, in der es jedem einigermaßen gleich gut gehen sollte und keiner benachteiligt werden darf, in der man auf sich aufpasst und natürlich auch von den einzelnen Familienmitgliedern sprich von den Bewohnern von Bad Reichenhall bestimmte Sachen verlangen kann, ihnen dafür aber auch bestimmte Sachen zugestehen muss.
Ich habe in diesen fast vier Wochen sehr viele Dinge erkannt und würde mich freuen, wenn Sie sich in Zukunft für diese Stadt positiv einsetzen würden, wobei ich Ihnen gerne behilflich wäre, ohne politisch aktiv werden zu müssen.

Ich habe gemerkt, dass mir ein hohes Maß an Hilfsbereitschaft und Respekt entgegen gebracht wurde. In diesen fast vier Wochen habe ich auch noch erkannt, dass es wichtig ist, dass Menschen eine Aufgabe haben und Ziele, die sie erfüllen können. Vor allem aber habe ich erkannt, dass all das, was uns Menschen im Guten zusammenleben lässt nicht verschwunden ist, sondern nur unter Angst verdeckt oder verschüttet ist. Angst vor Konsequenzen, wenn man sich für die andere Seite entscheidet (Freund/Feind), Angst vor finanziellen Einbußen über Verfolgung und Strafen bis zum Existenzverlust, wenn man nicht funktioniert (Drogen), Angst vor dem Alt und Einsam-Sein (Sozialhilfe oder Altersheim), Angst vor dem Jung-Sein und Nicht-Anerkannt-werden (Arbeitslosigkeit, Gewalt, Förderschule), Angst vor schlechten Noten, Angst davor, ausgelacht zu werden, wenn man arm ist und sich von Leuten, die in Ämter sitzen, sagen lassen muss, woran es liegt, dass man arm oder arbeitslos ist. Es ist beschämend und bezeichnend für Ihresgleichen, dass Sie Steuergelder verschwenden, um sich Denkmäler zu bauen (Fußgängerzone, Therme), damit sich die Menschen, wie Sie hoffen, noch 100 Jahre später über Sie unterhalten. Sie sollten eigentlich dafür sorgen, dass in dieser Stadt glückliche Menschen leben, Sie sollten sich konkret dafür einsetzen, dass keine Armut in Ihrer Stadt herrscht und keine Ungerechtigkeit. Seien Sie einfach demokratisch.
Vielleicht müssen Sie und Ihre Stadträte, um das zu erreichen, auch einmal auf etwas verzichten, was Ihnen durch eine Wiederwahl und Respekt Ihnen gegenüber wieder zu Gute kommen würde.
Vielleicht schaffen Sie es ja, sich von der großen Politik zu lösen, um eine kleine Politik in Ihrer Stadt zu beginnen, die nicht nur mit Gesetzen und Zwängen erzwungen werden muss, sondern durch menschliche Regeln ersetzt wird. Regeln, die auch wichtig sein werden, wenn Sie eines Tages selbst Kinder haben, denn auch Sie werden erkennen, dass Sie sich nicht einmal im Jahr über die Probleme, die in Ihrer Familie herrschen, unterhalten können, sondern dann darüber reden müssen, wenn sie anstehen. Sprich auch Sie werden in Ihrer Familie demokratische Entscheidung anerkennen müssen, wenn sich drei von fünf Familienmitgliedern für oder gegen etwas entscheiden. Es wird Ihnen auch irgendwann auffallen, dass Sie manche Probleme in Ihrer Familie nicht selbst regeln können, sondern dass Sie dafür Menschen (Helfer) aus Ihrem Umfeld brauchen, die Ihnen helfen, diese Probleme zu lösen und nicht solche Menschen, die diese Probleme noch größer machen (Führerscheinstelle, Arbeitsamt). Sie sollten dafür sorgen, dass zumindest die Menschen in Ihrer Stadt, die Probleme mit Drogen haben und ich meine damit alle Drogen – auch Alkohol – nicht durch Kriminalisierung und Verfolgung noch mehr in die Defensive gezwungen werden, sondern zumindest gleichwertig behandelt werden. Das würde bedeuten, dass Sie sich selbst oder Ihr Landrat Hr. Grabner dafür einsetzen, dass Trunkenheit am Steuer und der Genuss anderer Drogen hier zumindest in Bad Reichenhall gleich behandelt werden. Das würde wiederum bedeuten, dass, wenn man wegen Trunkenheit am Steuer einen Monat Fahrverbot bekommt ohne anschließende Medizinisch Psychologische Untersuchung auch diejenigen einen Monat Fahrverbot ohne anschließende Medizinisch Psychologische Untersuchung bekommen, die den Genuss von Marihuana oder Spice dem Genuss von Alkohol vorziehen.
Es obliegt Ihrer Kraft und Weitsicht als Bürgermeister dafür zu sorgen, dass die Bürokratie im Landratsamt nicht mehr, sondern weniger wird.
Es obliegt Ihrer Kraft und Weitsicht als Bürgermeister dafür zu sorgen, dass Angestellte von Landratsamt Ihre Macht nicht dazu nutzen, Familienväter arbeitslos zu machen und in den Ruin zu treiben, weil sie sich eben für Marihuana entschieden haben, nicht für Alkohol.
Sie sind der örtliche Polizeichef, Sie sind der Chef der Stadt Bad Reichenhall und der eingemeindeten Ortschaften um Bad Reichenhall, Sie könnten den Anbau von Hanf aus wirtschaftlichen Gründen auf den landwirtschaftlichen Gebieten in und um Bad Reichenhall erlauben.
Natürlich müssten Sie sich dadurch mit hohen Politikern anlegen, aber zum Wohle unserer Stadt verlange ich das von Ihnen als Bürger.
Wir sind Individuen und keine Massenware, wie die Häuser, die Sie bauen.
Ich hätte mir nach Heitmeier einen jungen charismatischen, visionären Bürgermeister gewünscht, der es im Kreuz hat, im Kleinen in unserer Stadt Bad Reichenhall die Leute nicht durch den Gang zum Sozialamt zu demütigen, sondern gemeinsam mit Ihnen für ein Grundgehalt für das Mensch-Sein hinzuarbeiten. Dann würden Sozialhilfen und peinliche Anträge wegfallen wie z.B. Hartz IV, Kindergeld, Arbeitslosenhilfe, Kleidergeld, Schulgeld, keine Anträge für Anträge für einen Antrag. Mir ist auch aufgefallen, dass die Gewaltbereitschaft in dieser Stadt genauso hoch ist, wie die Gewaltbereitschaft in Ihren Ämtern, wie die Gewaltbereitschaft der ausführenden Organe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten. Sie können Entwicklung nicht aufhalten, Sie können Entwicklung nur in eine bestimmte Richtung leiten und diese Richtung sollte immer Demokratie und Freiheit sein.
Sie sollten erkennen, dass Konsequenz nur durch Inkonsequenz ihre Kraft bekommt, denn Sie haben nicht mehr die Zeit, Ihre Fehler fortzuführen, sondern Sie müssen sie, wenn Sie sie erkennen, sofort beenden und etwas Neues beginnen oder versuchen.
Sie selbst sollten dafür sorgen, dass nächstes Jahr kein Kind aus Bad Reichenhall keine Lehrstelle bekommt, Sie selbst sollten dafür sorgen, dass keine Mutter sich Sorgen über ihr ungeborenes Kind machen muss, Sie sollten mit uns zusammen anstreben, dass Leute, die in der Woche 60 Stunden arbeiten, nur noch 40 Stunden arbeiten müssen, damit 20 Stunden für jemanden übrig bleiben, der gar keine Arbeit hat.
Sie sollten sich noch einmal überlegen, ob der Weg zu weniger Arbeit und mehr Freizeit nicht doch erstrebenswerter ist, als der Weg zu immer mehr Arbeit und weniger Freizeit. Sie sollten sich noch einmal überlegen, ob eine Stunde Sport in der Woche für unsere Schüler zum Abbau von Stress und Unausgeglichenheit genügt oder ob es nicht besser ist, jeden Tag sich körperlich zu betätigen und dafür das Wurzelziehen und die neue Rechtschreibreform außen vor zu lassen.
Sie sollten unsere Alten dazu ermutigen, Ihre Weisheit an die Jungen weiter zu geben, ohne dass sie dafür etwas bekommen, außer eben Junge, die später wieder als Alte ihre Weisheit wieder an die Jungen weitergeben. Sie sollten noch verschiedene andere Schulmodelle in dieser Stadt zulassen, z.b. eine Waldorfschule (vielleicht selbst dazu anregen), die nicht auf Benotung und Funktionieren basieren, sondern auf Beobachtung und Toleranz. Sie sollten ab und zu nachts durch Ihre Stadt gehen und mit betrunkenen Jugendlichen reden und sich ihre Sorgen anhören, damit Sie erkennen, dass Ihr undemokratischer Weg niemals zu Ihrem Ziel führt, für Frieden und Ordnung in dieser Stadt zu sorgen.
Ich glaube, dass es dadurch für Sie unumgänglich sein wird, sich von den Großen (Staat, Europa, Amerika) zu lösen, um nicht mit den Großen unter zu gehen, sondern jetzt in diesem Moment einen Schritt zurück in die Zukunft zu gehen, um im Kleinen weiter zu bestehen. Ich bin überzeugt, dass wir alle, Bad Reichenhaller, Weißbacher, Pidinger, Bayerisch Gmainer nur darauf warten, wieder Menschen werden zu dürfen und nicht Steuernummern sein zu müssen. Nehmen Sie Steuern ein, aber nehmen Sie diese für Ihre Stadt und für die darin lebenden Menschen ein und lassen Sie den Landkreis Traunstein seine Steuern einnehmen für den Landkreis Traunstein. Kümmern Sie sich nicht um das Wohlbefinden und die kulinarischen Ergüsse von Bürgermeistern aus München, sondern kümmern Sie sich darum, dass es in Ihrer Stadt keine Tafeln geben muss, die von Altbürgermeistern, die mit verantwortlich sind für diese Armut, veranstaltet werden, nur um von Ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken, für diese Menschen richtig gesorgt zu haben.
Wenn Sie Köhler, Ude, Beckstein und Stoiber einladen wollen, laden Sie sie von Ihrem Geld ein, aber nicht von unserem. Wenn Sie mit diesen Leuten Ihre Zeit verbringen wollen, verbringen Sie sie, aber nicht auf unsere Kosten.
Kümmern Sie sich um das, wofür Sie als Bürgermeister von Bad Reichenhall gewählt worden sind, kümmern Sie sich um die Bürger, egal ob sie gerade in den Bäuchen unserer Frauen heranwachsen oder im Altersheim ihre letzten Tage verbringen. Werden Sie der Meister, ich würde mich für Sie freuen. Beginnen Sie Ihren neuen Weg damit, dass Sie das Gelände der ehemaligen Eislaufhalle aus demokratischen Gründen den Reichenhaller als das zurückgeben, was es immer war: eine Familien-und Kinderbegegnungsstätte. Oder nein, beginnen Sie damit, dass Sie nicht zulassen, dass am Bahnhof ein neuer Spielsalon entsteht, der noch mehr Jugendliche und Spielsüchtige in den finanziellen Ruin treibt. Öffnen Sie einfach Ihre Augen, wenn Sie durch diese Stadt gehen und überlegen Sie sich, ob es nötig ist, dass es in unserer Stadt Geschäfte gibt (KiK), die maßgeblich daran beteiligt sind, dass Kinder in Dritte-Welt-Ländern unter den unmenschlichsten Bedingungen diese Billigware herstellen, damit es bei uns noch billiger verkauft werden kann.
Ich wünsche Ihnen viele gute Visionen für die nächste Zeit und viel Durchsetzungsvermögen in Ihrer eigenen Partei, um das wiederherzustellen, was diese Stadt braucht, um eine Zukunft zu haben: Menschlichkeit und Demokratie

Hans Söllner