NACHTRAGSVERNEHMUNG

Kriminalpolizeiinspektion
87439 Kempten,
02.04.1996 Kempten (Allgäu)

zur Zeugenvernehmung vom 19.02.1996 zum Nachteil des Herrn Söllner Johannes, geb. 24.12.1955 in Bad Reichenhall, wohnhaft Heubergstraße 6, 83435 Bad Reichenhall
Zeugin: Frau Polizeimeisterin XXXX
Zu Beginn der Vernehmung wird XXXX folgender Sachverhalt bekanntgegeben.

Am 28.01.1996, abends, trat der Liedermacher Söllner im Kurhaus Krün auf. Gleich zu Beginn des Programms entblößte Söllner sein Hinterteil, streckte es dem Publikum entgegen und kommentierte sein Verhalten, indem er sagte: „Das ist mein Gruß an die Drogenfahhndung der Polizei Kempten“.

Zur Sache:

FRAGE:
Wurden Sie bei diesem Konzert dienstlich eingesetzt und welchen Auftrag hatten Sie?
ANTWORT:
„Ja, ich bin bei diesem Konzert dienstlich eingesetzt worden. Mein Vorgesetzter, der Gruppenführer PHM Wild Harald, machte sich den Umstand zunutze, daß ich von einem Bekannten zu diesem Konzert eingeladen worden war. Mein Bekannter hatte für dieses Konzert die Karten besorgt. PHM Wild versetzte mich in den Dienst und gab mir den Auftrag, die „Giftlerszene“ zu überwa¬chen. Ich trug Zivilkleidung und hatte eine schwarze Jeans, einen dunklen Pulli und eine schwarze Lederjacke an. Mein Gruppenführer gab mir ein Funkgerät, welches ich hinter den Hosenbund steckte. Während meiner Anwesenheit im Saal war das Funkgerät nicht eingeschaltet. Es konnte also von Unbeteiligten ein Funk¬verkehr nicht mitgehört werden. Man konnte das Funkgerät nicht sehen, weil ich es unter meinem Pulli trug.

FRAGE:
Bitte beschreiben Sie genau die Situation, in der Sie sich bei der Kontaktaufnahme mit dem Liedermacher Söllner befanden?
ANTWORT:
Ich hatte insgesamt zeimal mit Söllner an diesem Abend Kontakt. Beim erstenmal befand ich mit mit meinem Begleiter in einer Pau¬se vor der Stadthalle. Durch zwei andere Personen, die vor einem Kellerfenster standen, wurden wir dann darauf aufmerksam ge¬macht, daß sich Söllner unten im Kellerraum befindet. Um Söllner richtig sehen zu können, stieg ich auf einen festgetretenen Schneehaufen und spitzelte in den Keller. Ich sah Söllner in
einem Wandspiegel. Nach meiner Meinung drehte er sich gerade ei¬nen Joint. Das Kellerfenster war gekippt. Einer der beiden männ
lichen Personen, die vorher am Fenster standen, sagte zum ande¬ren „ich glaube der dreht sich einen“. Daraufhin wurde Söllner auf uns aufmerksam und schaute zum Fenster hinauf. Jetzt entwik¬kelte sich zwischen ihm und uns ein kurzes Gespräch.
Ich habe zu diesem Zeitpunkt mit ihm noch nicht gesprochen ge¬habt. Die beiden Personen,.die ich nicht kenne, baten Söllner
um ein Autogramm. Dieser sagte sinngemäß, daß sie ihm etwas run¬terschmeißen sollten. Sie warfen ihm ihre Eintrittskarten durchs Fenster. Wir schlossen uns an. Meine Aktion beschränkte sich nur auf das Schauen. Ich hielt mich selber im Hintergrund und habe
mit ihm nicht gesprochen.

FRAGE:
Haben sie während des Konzertes sonst noch mit ihm Kontakt gehabt?
ANTWORT:
Nein, ich habe mit ihm keinen Kontakt gehabt.

FRAGE:
Waren andere Personen im Kellerraum um Söllner herum?
ANTWORT:
‚Nein, das kann ich nicht sagen.

FRAGE:
Wie kommen Sie zu der Auffassung, daß sich Söllner einen Joint gedreht haben könnte.
ANTWORT:
Wenn man einen normalen Tabak raucht nimmt man das Papier raus, legt den Tabak drauf und dreht sich eine ganz normale Zigarette. Mir fielen mit den Händen Mischbewegungen auf. Deshalb bin ich hier der Meinung, daß er Tabak mit Haschisch vermischt hat. Kurz vorher im Konzert, als er die Pause ankündigte, sagte er zum Publikum sinngemäß, daß er jetzt geht, um sich eine zu rauchen. Diese Bemerkung stand im Zusammenhang mit der Aufforderung an das Publikum, daß sie sich auch eine rauchen sollten, aber nur–eine geringe Menge.

FRAGE:
Wie war das zweite Zusammentreffen?
ANTWORT:
Nach dem Ende des Konzertes ging ich mit meinem Bekannten wieder zu demselben Kellerfenster hin. Ich sah Söllner, wie er sich ein Käsebrot zubereitete. Er wurde auf uns aufmerksam und grin¬ste zu uns herauf. Er fragte, magsch’d auch eins. Ich sagte,
klar. Dann stieg er auf den Tisch, reichte mir durch das gekipp¬te Fenster das Käsebrot. Da ich jetzt einen direkten Kontakt mit ihm hatte, wollte ich ihn bezüglich des Konzertes zur Rede stel¬len. Während seiner Darbietungen hatte er sich nämlich abschät
zig über die Polizei geäußert. Ich sagte zu ihm: „Was redest denn Du für einen Schmarren über die Polizei daher!?“ Er gab zu
verstehen, daß er bei den vorgetragenen Situationen zum Teil selbst dabeigewesen ist. Nach dieser kurzen Unterhaltung sagte er mir, geh‘ schleich Dich iß Dein Käsbrot und gib a Ruh. Daraufhin bin ich gegangen.

FRAGE:
Haben Sie sich ihm gegenüber als Polizeibeamtin zu erkennen gegeben?
ANTWORT:
Nein.

FRAGE:
Konnte er aufgrund Ihrer Fragestellung den Eindruck haben, daß Sie eine Polizeibeamtin sind?
ANTWORT:
Ja, das kann ich mir vorstellen, weil ich denke mir, daß sich von dem Publikum keiner aufgeschwungen hätte die Polizei zu ver¬teidigen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich mehrere Personen in diesem Kellerraum bzw. in dieser Künstlergarderobe. Danach suchte ich meinen Gruppenführer auf, um ihm meine Erkenntnisse über Söllner mitzuteilen. Ich informierte ihn dahingehend, daß ich den Eindruck hatte, daß er Haschisch geraucht hatte. Ich empfahl ihm die Überprüfung seiner Person und seines Fahrzeugs. Darauf¬hin begab ich mich auf die Suche nach einem Fahrzeug aus dem Berchtesgadener Land. Ich fand einen großen Kombi, der am Büh¬neneingang abgestellt worden war mit einer BGL-Nummer.
In der Folge wurde das Fahrzeug, das von mir bemerkt worden war, an Diese Frau sah mich an und fragte: „Sie waren das doch grad, die zum Kellerfenster reingeschaut hat?“
Diese Frage wurde von mir ignoriert. Bei der Durchsuchung gab sie mir zu verstehen, daß sie den Eindruck hatte, daß ich sie hingehängt hätte und daß sie jetzt mit ihrer Auffassung richtig liegt. Sie gab mir dann noch zu verstehen, daß ihr Söllner ge¬sagt habe, das kann nicht die Blonde gewesen sein, denn die war ja so nett. An der Kontrollstelle selber habe ich mit Söllner keinen Kontakt mehr gehabt.
Ich möchte aber zur Klarstellung noch hinzufügen, daß Söllner nicht in eine Standkontrolle oereten.istsondern daß er während der Fahrt aufgehalten wurde.

FRAGE:
Fühlen Sie sich durch die Handlung des Liedermachers Söllner bei dem Konzert am 28.01.1996 in Krün beleidigt?
ANTWORT:
Ja, natürlich. Durch diese Handlung Bühle ich mich deshalb beleidigt, weil ich das entblößte Hinterteil und den Gruß direkt…

Der Rest des Satzes fehlt leider.

Beginn der Vernehmung: 14.15 Uhr
Ende der Vernehmung: 15.45 Uhr